Andreas Leddin im Ruppiner Hospiz
Andreas Leddin gibt Simone Plötz mit seiner Musik Kraft. Foto: Christian Bark

Wie sich eine Neuruppinerin auf ihren Tod vorbereitet

Ein Beitrag on Christian Bark im Dosse Kurier vom 18.03.2024.

Simone Plötz ist seit Ende Februar Gast im Neuruppiner Hospiz – dort will sie auch sterben.

Es ging los mit Verdauungsproblemen und Gewichtsabnahme, dann färbte sich ihre Haut gelblich. Nachdem Simone Plötz diese Symptome hatte klären lassen, war Ende September 2023 die Schockdiagnose da: Bauchspeicheldrüsenkrebs. Für die heute 61-Jährige aus Neuruppin war damals schon klar, was das für sie bedeutete: „Bauchspeicheldrüsenkrebs gehört mit zu den aggressivsten Formen des Krebses, und es gibt nur geringe Chancen auf Heilung“, erklärt sie.

Trotzdem nahm Simone Plötz das Angebot von Chemotherapien wahr. Nach acht Chemotherapien brach sie ab. „Sie hatten keine Wirkung und hätten das Ganze auch nur um einige Zeit hinausgezögert“, sagt die Neuruppinerin. Nun war für sie wichtig, gut behütet und in Würde von dieser Welt zu gehen. Ihre Ärzte meldeten sie bereits vor Monaten für einen Platz im Neuruppiner Hospiz „Haus Wegwarte“ an. Simone Plötz kennt diesen Ort, ihre Schwiegermutter ist dort vor zwölf Jahren gestorben. Zudem hatte sie ihre Eltern früh verloren, beide hatten Krebs. „Ich habe mich schon zuvor mit dem Tod beschäftigt, das sollte man früh genug tun“, sagt die 61-Jährige. Damals hatte ihr die Umgebung im „Haus Wegwarte“ gut gefallen, und so war der Entschluss in ihr gereift: „Ich wollte immer im Hospiz sterben.“
Ende Februar dieses Jahres kam Simone Plötz als Gast in das „Haus Wegwarte“, um hier die letzte Zeit zu verbringen, die ihr noch bleibt. Vorher hatte sie aber einen noch wichtigen Schritt getan: „Ich habe meinen Lebensgefährten, mit dem ich schon 15 Jahre lang zusammen bin, geheiratet“, sagt sie.

Das sei alles ganz schnell und unkompliziert gegangen. Das Neuruppiner Standesamt habe ihr am 14. Februar einen Termin für den 15. Februar angeboten, nachdem sie ihre Geschichte erzählt hatte. „Das war auch mehr eine Büro-Hochzeit ohne viel Aufwand“, sagt Simone Plötz. Ihr Ehemann kommt sie regelmäßig im Hospiz besuchen – und nicht nur er. „Teilweise ist es Frau Plötz an Besuchern etwas zu viel geworden. Wir machen das jetzt mit vorheriger Anmeldung“, sagt Andreas Leddin. Er ist einer von 20 Pflegern im Hospiz und versteht sich mit Simone Plötz sehr gut. „Wir merken, welche Gäste offen für welche Art Mensch sind“, berichtet er. Und Simone Plötz sei offen für ihn und seine Musik gewesen. Ob mit Gitarre live oder auf CD, der todkranken Neuruppinerin geben die Lieder von Andreas Leddin Kraft. Drei CDs hat er seit 2015 rausgebracht, die neueste „Ge(h)danken“ erst im vergangenen Jahr. Es sind bekannte Lieder wie „Wenn Du gehst“ von Udo Lindenberg, aber auch Kompositionen von Freunden drauf. Zum Teil auch tieftraurige Lieder. „Aber sie geben Betroffenen Kraft und Denkanstöße, ebenso ihren Angehörigen“, sagt Simone Plötz.

Seitdem sie im Hospiz wohnt, geht es der 61-Jährigen etwas besser. Sie bekommt regelmäßig Physiotherapie – Lymphdrainage. Durch Medikamente ist sie derzeit schmerzfrei, wie sie sagt. Für den Bauch erhält sie Wärmekissen, nimmt an den gemeinsamen Mahlzeiten im Hospiz teil und versucht, so viel wie möglich noch selbst zu machen. „Ich gehe spazieren, schaue fern, höre Musik, empfange Besuch, muss mich aber auch sehr oft ausruhen“, sagt die Neuruppinerin.

Den Weg ins Hospiz hat sie bisher nicht bereut. „ All meine Erwartungen an diesen Ort sind bisher übertroffen worden“, berichtet Simone Plötz. Religiös ist sie nicht, glaubt aber auch nicht daran, dass nach dem Tode nichts mehr von ihr bleibt „Ich lasse mich überraschen“, sagt sie halb lachend, halb weinend. Denn nicht nur ihre Angehörigen trauern um sie, sondern sie selbst auch um sich, wie sie erklärt.

Morgen kann es schon vorbei sein oder auch erst in einigen Wochen oder Monaten. „Es gab schon Leute, die haben das Hospiz wieder verlassen“, sagt Andreas Leddin. Sie seien dann Monate später zuhause gestorben. Zuhause wollen angeblich 80 Prozent der schwererkrankten Menschen sterben. Das Hospiz aber auch der Tod sind bis heute Tabu-Themen, über die kaum jemand gern spricht, wie Andreas Leddin erklärt.

Stirbt jemand im Hospiz, brennt am Haupteingang in einer Wasserschale eine Kerze. Im „Haus Wegwarte“, das der Ruppiner Hospiz-Verein betreibt, gibt es ein stationäres Hospiz mit zwölf Zimmern sowie ein Tageshospiz. Dort werden schwerkranke Menschen täglich von zuhause aus hingebracht, um den Tag zu verbringen.

Es gibt einen Garten, Übernachtungsmöglichkeiten für Angehörige, einenEssensraum, einen „Raum der Stille“ für diskrete Gespräche, einen Wintergarten und einen Raum zum Essen mit Besuchern. Neben separaten Bädern in den Zimmern gibt es zudem ein großes Badezimmer mit einer ganz besonderen großen Badewanne.

Auch wenn vieles ungewiss ist, Simone Plötz hat keine Angst vor dem Tod, wie sie sagt. Wie lange ihr noch bleibt, weiß sie nicht. Sie weiß aber, dass sie diese Zeit noch so angenehm wie möglich gestalten will – auch mit Privatkonzerten von Andreas Leddin. „Erstmal bin ich hier wunschlos glücklich“, sagt die 61- Jährige. Einen Wunsch hat sie dann aber doch: einen sanften Tod. „Ich möchte einfach friedlich dahindämmern und dann einschlafen“, sagt die Neuruppinerin. Die CDs von Andreas Leddin gibt es kostenlos im Hospiz „Haus Wegwarte“ in der Fehrbelliner Straße 38 in Neuruppin. Mann kann sie aber auch bei Andreas Leddin kostenlos anfordern unter der Mobiltelefonnummer 0173/4 83 35 55.