Daniela Berg las in Neuruppin aus ihrem Buch über Trauerbewältigung. Foto Peter Lenz

Trauerbewältigung – ein Chaos der Gefühle

Ein Beitrag von Peter Lenz im Ruppiner Tageblatt vom 23.03.2023.

Die Potsdamer Theologin Daniela Berg hat ihre Erfahrungen mit dem Tod der Tochter niedergeschrieben und las im Café Schröder’s in Neuruppin

Neuruppin. „Wir waren eine ganz normale Familie.“ Mit diesen Worten beginnt eine Geschichte von Trauer, Verzweiflung und Hoffnung. Geschrieben hat sie Daniela Berg in ihrem Buch „Begreifen, was nicht ist“. Die Potsdamer Theologin musste ihre 15 Jahre alte Tochter Marlene wenige Monate nach der Diagnose einer aggressiven Nierenkrebserkrankung zu Grabe tragen.

Bei einer Lesung aus ihrem Buch traf sie im Neuruppiner Café Schröder’s auf Menschen, die selbst ähnliche Erfahrungen gemacht hatten und wie Daniela Berg nach Möglichkeiten der Trauerbewältigung suchten und noch immer suchen. Daniela Berg nahm sie mit auf eine Zeitreise: zu den letzten Lebensmomenten von Marlene bis zu ihrem Tod und der Zeit danach.

Zu Beginn des Abends trug Daniela Berg vor 25 Gästen ein kleines Klavierstück vor, das Marlene selbst komponiert hatte – und holte so das Mädchen virtuell in den Raum im Café Schröder’s. In E-Mails an Freunde und Verwandte hatte Daniela Berg seinerzeit ihre Emotionen festgehalten. Die Mutter beschreibt Marlenes letzte Reise vom Krankenhaus nach Hause – dort, wo die Tochter sterben sollte, und das Begleiten auf ihrem Weg.

Die E-Mails enden erst mehr als ein Jahr nach dem Tod der Tochter. Die Autorin schildert ihre Gefühle von Trauer und Wut, von Hoffnung und Hoffnungslosigkeit und das Chaos der Gefühle. Es ist ein Buch über das Sterben und alles, was damit in Verbindung steht.

Daniela Berg gibt Einblick in ihre Trauerbewältigung, in ihren Umgang mit dem Tod der geliebten Tochter. Sie hatte Bilder mitgebracht – etwa den von Marlenes Klassenkameraden bemalten Sarg.

Letztlich stand bei der Lesung in der vergangenen Woche die Frage im Raum: Wie darf, wie kann man trauern – und darf man nach dieser Zeit wieder glücklich sein? Die Zuhörer sprachen über eigene Trauerfälle und Erfahrungen mit Trauer um einen nahestehenden Menschen.

Cindy Neumann aus Neuruppin hatte als Freundin von Café-Inhaberin Sandra Behl den Unfalltod von deren Sohn Kilian miterlebt [maz-online.de] und konnte die Geschichten von Daniela Berg nachvollziehen und nachempfinden. Der Neuruppiner Rainer Ebersold war eher aus Neugier zur Lesung gekommen und fand sich mit seiner Trauer wieder. Nach dem frühen Tod seiner Ehefrau vor 13 Jahren war später die erst 34 Jahre alte Tochter bei einem Verkehrsunfall gestorben: „Wir müssen lernen, mit der Trauer umzugehen und dies auch gesellschaftlich zu verankern“, sagte er. Dies sahen auch die Anwesenden wie Susanne Hoch vom Neuruppiner Hospiz [maz-online.de] so.

Hilfe dabei gibt es von Trauer- und Sterbebegleitungen sowie von Selbsthilfegruppen wie der Gruppe „Engelspfad“ von Sandra Behl und ihren Mitstreitern. Einer von ihnen, Walter Luy aus Luhme, hatte 2021 seinen Sohn verloren. „Wir müssen das Sterben und den Tod in das Bewusstsein der Menschen bringen und darüber reden. Es trifft sehr viele, und jeder trauert anders“, gab er zu bedenken.



Quellenangabe: Ruppiner Tageblatt vom 23.03.2023, Seite 15